Eine Ärztin oder ein Arzt unterhält sich vertrauensvoll mit einem Patienten

Patienten-Empowerment - bessere medizinische Versorgung?

 

Je besser ein Patient seine Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten versteht, desto eher kann er Behandlungsentscheidungen aktiv mitgestalten. Die Telematikinfrastruktur trägt zum diesem „Patienten-Empowerment“ bei, denn sie liefert über die patientenbestimmte elektronische Patientenakte wichtige Informationen über die eigene Gesundheit und Therapien.

Gut informiert ist besser entschieden:

Wie Ärzte und Patienten heute Hand in Hand die passende Therapie finden

Adhärenz ist längst zu einem Standardbegriff des Medizinalltags geworden: Der Begriff bezeichnet das Einhalten der von Patient und Arzt gemeinsam definierten Therapieziele. Je mehr der Patienten von seiner Erkrankung und den Therapieoptionen versteht, desto höher ist die Chance auf ausgeprägte Adhärenz. Ist ein solches Grundverständnis nämlich vorhanden, kann der Patient Behandlungsentscheidungen aktiv mittragen – mit entsprechend besseren Erfolgsaussichten.

Das Befähigen zum Verstehen und (Mit-)Entscheiden wird auch Patienten-Empowerment genannt. Dabei liegt auf der Hand: Um wirklich Bescheid zu wissen, braucht der Patient Informationen – allgemeine Informationen zu Krankheit und Behandlung, vor allem aber auch die Daten zu seinem persönlichen Gesundheitszustand und dessen Entwicklung. Verlässlich und sicher kann auf solche Daten nur über die Telematikinfrastruktur zugegriffen werden – und zwar über eine patientenbestimmte elektronische Patientenakte.

Die Arzt-Patienten-Beziehung im Wandel

Im medizinischen Alltag werden im Laufe einer Behandlung immer wieder Entscheidungen getroffen. Ob bei der Vorsorge, im Krankheitsfall oder nach einer Erkrankung: Die Entscheidungsfindung betrifft sowohl den Bereich der vorbereitenden Diagnostik als auch geeignete Therapiemethoden oder Rehabilitationsmaßnahmen.

Für den Prozess der Entscheidungsfindung ist die Beziehung zwischen Arzt und Patient sehr wichtig. Das Ziel: Die Behandlungsmethoden zu finden, die am besten zu den ganz persönlichen Lebenskonzepten der Patienten passen und sich in deren Alltag integrieren lassen.

Noch vor wenigen Jahrzehnten galt das paternalistische Arzt-Patienten-Modell: Der Arzt entscheidet im Alleingang, der Patient folgt passiv den Behandlungsvorgaben. Dieses Modell wurde noch bis in die 1980er Jahre hinein von der Mehrheit der Patienten bevorzugt – verliert jedoch zunehmend an Glaubwürdigkeit und Fürsprechern. Patienten und deren Angehörige sind heute selbstbestimmter, informierter und selbstbewusster – und möchten Entscheidungen treffen, die gut in das Leben integriert werden können.

Natürlich werde ich nicht mehr ganz gesund. Aber mein Arzt und ich reden regelmäßig darüber, welche Möglichkeiten es gibt, wie ich das Beste für mich erreichen kann.

Eva, MS-Patientin

Eine schwangere Patientin zeigt ihrem Arzt etwas auf einem Tablet-PC

Behandlungs-Entscheidung heute:

Ein intensives Beratungsgespräch und gemeinsames Abwägen der Therapieoptionen

Wer heute einen Arzt aufsucht, erhält von ihm laienverständliche Informationen zur eigenen Gesundheit sowie – im Krankheitsfall – zu geeigneten Therapieoptionen. Diese Informationsbasis ist die Grundlage, auf der Patienten eine möglichst fundierte Entscheidung treffen können. Besonders wichtig sind also ein umfassendes Beratungsgespräch und die gemeinsame Abwägung verschiedener Optionen zwischen Arzt und Patient im Fall einer komplexeren Erkrankung. Bei Krebserkrankungen beispielsweise sitzen Patienten heute sogar häufig mit am Tisch, wenn in einer sogenannten Tumorkonferenz die verschiedenen medizinischen Disziplinen zusammenkommen, um sich über den Fortgang der Therapie auszutauschen.

Ärzte wägen heute also gemeinsam mit Patienten Chancen und Risiken ab, erfragen Erwartungen und Vorstellungen und nehmen Bezug auf die jeweiligen persönlichen Lebensumstände. Behandlungsziele werden auf Basis dieses Austauschs festgesetzt – ganz im Sinne der partizipativen Entscheidungsfindung, bei der Arzt und Patient aktiv interagieren und intensiv kommunizieren

Patienten-Empowerment

Für eine bewusste und fundierte Entscheidung

Anders als noch vor ein paar Jahren bietet sich heute jederzeit die Möglichkeit, selbstständig Informationen zu Medizinthemen einzuholen und zu recherchieren – offline wie online: zum Beispiel über von Ärzten betreute Foren, über die Hotlines und Informationsangebote der Krankenkassen und von Verbänden sowie über zahlreiche qualitativ hochwertige Gesundheitsplattformen. Das Bereitstellen, Konsumieren und Austauschen von Informationen zwischen Ärzten und Gesundheitsorganisationen auf der einen Seite sowie Erkrankten und Patienten auf der anderen Seite wird auch als Patienten-Empowerment bezeichnet. Es stärkt das Selbstvertrauen und die Sicherheit der Patienten im Umgang mit der eigenen Gesundheit und den medizinischen Leistungserbringern.

Patienten-Empowerment ermöglicht es, dass Patienten aktiv und bewusst medizinische Entscheidungen treffen – mit Unterstützung von medizinischen Fachleuten und unter Berücksichtigung ihrer individuellen Belange. Durch den umfangreichen Zugang zu medizinischen Informationen und die daraus resultierende gestiegene Gesundheitskompetenz (auch als Health Literacy bezeichnet) verstehen Patienten heute Erkrankungen und vorgeschlagene Therapieoptionen besser und stehen deswegen hinter ihrer Behandlung. Dies wiederum steigert die Erfolgschancen der jeweiligen Therapie, gerade im Bereich der chronischen Erkrankungen.

Ein älterer Mann und eine ältere Frau sitzen vor einem Laptop und lächeln
Ein Mann schaut auf seine Uhr, während er sein Smartphone in der Hand hält

Neue Chancen in einer smarten Welt:

Apps zum Tracken und Messen der eigenen Gesundheit

Gesammelte Daten aus Gesundheits- und Lifestyle Apps begleiten uns mittlerweile ganz selbstverständlich in unserem Alltag. Bisher ist das Tracken und Messen von Gesundheitsdaten noch „Privatsache“. Sie werden zwar erfasst, lassen sich aber nur bedingt in gesundheitliche Zusammenhänge oder gar ins Arztzimmer bringen. Dabei bleiben viele Potenziale ungenutzt, die unter Umständen sogar Leben retten können.

Wie wäre es, wenn Schlaganfallprävention umfassender betrieben werden könnte, indem der Arzt zusammen mit seinem Patienten Auffälligkeiten wie Vorhofflimmern durch Herzrhythmusaufzeichnungen mit einem Wearable viel früher erkennen könnte? Wie wäre es, wenn Veränderungen im psychischen Zustand frühzeitig erkannt werden könnten, indem ein Patient ein App-basiertes Tagebuch führt und dieses regelmäßig mit seinem Psychologen teilt?

Die Telematik­infrastruktur:

Schafft eine gute Grundlage für mehr Patienten-Empowerment

Patienten haben das Recht, Einsicht in die über sie digital oder analog gespeicherten Informationen zu erhalten, sowohl bei der Krankenversicherung – als sogenannte Patientenquittung – als auch in Praxen und Krankenhäusern. Dieses Recht ist den meisten Menschen gar nicht bewusst und ist bei vielen Fachleuten noch mit der Unsicherheit verbunden, ob das Überlassen gespeicherter Informationen überhaupt erlaubt ist und auf welchem Weg die Daten übergeben werden können.

Durch die Telematikinfrastruktur sollen Patienten mittelfristig schnell und einfach auf ihre eigenen Daten zugreifen können, wenn sie dies möchten. Dadurch erhalten sie einen umfassenderen Einblick in die eigene Behandlung – eine wichtige Voraussetzung für wirkungsvolles Patienten-Empowerment.

Ein Arzt sitzt vor einem Computer und zeigt seiner Patientin etwas auf einem Tablet-PC